Hans Joachim Teschners

Lebens-Quark 27

 


 

 

Erfunden ist auch diese Episode:

Jerry hatte sich als Gitarrenlehrer sowohl in der Musikschule Friesland als auch in der Universität Oldenburg etabliert. Nach den vielen Studienabbrüchen (s. Quark 1 oder auch Quark 2 u. w.) ein ungewohnter Zustand des Statischen oder auch des – wie er sich insgeheim vorhielt – unkünstlerisch Verharrenden in resignativer Saturiertheit und bürgerlicher Ergebenheitsstarre.

 

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Kann der Autor eigentlich Gedanken lesen oder saugt er sich die insgeheimen Vorhaltungen des Jerry aus seinen schwülstigen Phantasien? Siehe dazu den Absatz rechts.

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Es lief seinen Gang, und es lief nicht zu Jerrys vollkommener Zufriedenheit. Irgendetwas fehlte da. Vielleicht vermisste er den Kitzel eines angebrochenen Studiums und die ihm inne wohnende verlockende Aussicht, die Vorlesungen zu schwänzen, schließlich das Studium sausen zu lassen, um eine weitere Ausbildung auszuprobieren, vielleicht wieder ein „Voll“-Studium an einer anderen Fakultät? Die darin kribbelnde Verlockung bestand natürlich in der Möglichkeit des Abbruchs auch dieses Studiums, und so würde es permanent weitergehen, ein erfülltes Leben zwischen den Stühlen zahlloser Lehrfächer und Lebensentwürfe.

Das war in den 80ern, und nach längerem Leidensdruck fasste Jerry den Entschluss, sich der Fakultät Wirtschaftswissenschaften zu nähern und sich dort einzuschreiben, parallel zu seinem Broterwerb.

Es galt allerdings, eine Hürde zu nehmen, die vormals, zu den Zeiten seiner abgebrochenen Studien und des Rumtreibens in Stätten des Suffs, Siffs und Kiffs  wie z. B. dem Star-Club in Hamburg, verachtet und nur von geldgierigen Karrierehengsten in Angriff genommen wurde, die aus Gründen der Familienehre und zur Weiterführung der elterlichen Tradition genötigt wurden, in die Fußstapfen des väterlichen Medizinalrates oder Chefarztes zu schlüpfen und deshalb bereits in der Oberstufe des humanistischen Gymnasiums hauptsächlich dahin ausgerichtet zielstrebig paukten.

 

 

 

 

 

Der sich hier mit der Kenntnis der Gedankenwelt des Protagonisten brüstende auktoriale Autor bedient sich in Perspektive und Erzählweise einer Technik, die längst als obsolet gilt. Hier haben wir es mit einem Rückfall in ausgediente Prosaformen zu tun, die vorher vom gleichen Autor schwer angegriffen, ja in gehässiger Wortwahl verunglimpft wurden --> Quark 26. Dessen Schmutzfinger zeigt somit auf sich selbst zurück und offenbart seine Unglaubwürdigkeit. Dies musste ich mal gesagt haben.

 

Na toll, wer hat denn behauptet, dass die ganze auktoriale Kacke obsolet ist?Das war ich doch nicht.

Ohne Grüße

Der Autor

 

Nu mal nicht vulgär werden, Herr Autor. Zur Gedächtnisauffrischung  Quark 26 lesen. Es geht um Wahrheit.

Hochachtungsvoll

Ich


Wahrheit gibt's doch gar nicht!

Der Autor

 

Ha, Eigentor, Sie Kreter. Schon mal was von einem Paradox gehört?

Trotzdem schönen Gruß

Ich

 

MeintenSie Kretin? Meinten Sie das wirklich? Verpiss dich aus meinem Text

Autor




 

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Der Satz ist viel zu lang. Es fehlt eine Erklärung, worin die Hürde bestand. Man muss vom Erzähler erwarten können, dass er die Fakten in knappen verständlichen Sätzen aufbereitet. Wenn das so weiter geht, übernehme ich selbst das Ruder.

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Die Hürde hieß Numerus Clausus.

Jerrys altes Abiturzeugnis prunkte in allen Fächern ausschließlich mit der Note 4, ein Dokument stilistischen Kompositionswillens und ästhetischer Unnachgiebigkeit. Es galt ja, und das mag für den heutigen zukunftsangstverbogenen Jugendmenschen als Eskapade der karrieristischen Selbstentleibung durchgehen, den Ruf eines Strebers zu vermeiden und  das ließ sich nunmal nur durch schlechte Zensuren bewerkstelligen. In dieser Hinsicht brachte es Jerry zum ungekrönten Leuchtturm seiner Klasse, und beim Wetteifern um das miserabelste Abiturzeugnis seines Jahrgangs streckte sogar Apothekersohn Jean-Elias Dudenhöfer die Waffen. Diesem stinkreichen ansonsten aber harmlosen Naivling konnte Jerry in einer Disziplin freilich nicht Paroli bieten: Das multiple Sitzenbleiben als I-Tüpfelchen auf dem Sahnehäubchen der Anpassungsverweigerung. Jean-Elias hatte es nämlich fertiggebracht, noch vor der Abiturklasse dreimal sitzen zu bleiben und die 11. Klasse sage und schreibe dreimal zu durchlaufen, was nach damaligem Schulgesetz gar nicht möglich war. Des Rätsels Lösung hing irgendwie mit einem Gastbesuch eines Inselinternats zusammen oder per Bestechung oder wie auch immer. Die Quintessenz war und blieb, dass Jerry nur zwei Sitzenbleibertrophäen in der Oberstufe vorweisen konnte. Da hieß es, mit einem Feuerstoß schlechtester Noten gegenzuhalten, und sei es um das Risiko, das Abitur zu versemmeln. Was dem Jerry ohne größeren Aufwand an Energie gelang.

 

 
 

Einschub

zur Klärung der fachlichen Ausrichtung des besuchten Gymnasiums:

 Es handelte sich keineswegs um ein humanistisches Gymnasium, sondern um die dreiklassige Oberstufe eines Wirtschaftsgymnasiums.

Ach sooooo.

Ende des Einschubs. 

 

 

 

 

Neues von Dr. Brandstetter

 

  Dr. Brandstetter
 










Der korrekte Weg der Heilung

Dr. Brandstetter hatte sich das Handgelenk verstaucht, vielleicht sogar gebrochen. Es geschah, als er die Dachrinne säubern wollte. Er hatte die Leiter angestellt, war hochgestiegen und abgerutscht.

Nun saß er in der Notaufnahme des Krankenhauses. Sein Handgelenk war stark angeschwollen. Ein Arzt war nicht zu sehen. Krankenschwestern liefen geschäftig zwischen den Räumen hin und her, Labor, Radiologie, Aufnahme, Flur. Falsche Reihenfolge, dachte Dr. Brandstetter, die Abfolge muss lauten: Flur, Aufnahme, Wartezimmer, Arztzimmer, Labor, Radiologie, wieder Arztzimmer, Flur, Ausgang, Bushaltestelle, Bus, Apotheke, Bus, Haus, Küche, Kaffee mit Rosinenbrötchen.

„So wird ein Schuh daraus“, sagte Dr. Brandstetter befriedigt zu der dicken Frau neben ihm, deren Arm eingegipst war. Er stand auf und begab sich zum Flur. Hier wiederholte er seine Ankunft, diesmal mit korrekter Ausführung der weiteren Schritte und Stationen. Sofern er keine Station ausließ, dürfte die Heilung seiner Wunde nur noch eine Frage der Geduld und der peniblen Einhaltung des Weges durch die Instanzen sein.

Als Dr. Brandstetter drei Stunden später wieder zu Hause war und in die Küche trat, eröffnete ihm seine Frau, dass der Kaffee zur Neige gegangen war. Auch sei weder Muckefuck noch Instant aufzutreiben und das Rosinenbrötchen habe der Hund gefressen. „Dann“, rief Dr. Brandstetter enttäuscht, „dann reißt sich die Ameise kein Bein aus dem Leib“. Er stürmte hinaus, stieg auf die Leiter, rutschte ab und brach sich den linken Fuß.

 

 

 

 

Wiederaufnahme des Fadens

 

Der Faden – dessen Zielverlauf bisher noch nicht artikuliert wurde – lautet ja: Wie konnte Jerry mit einem solch bündigen wiewohl chancenlosen Notendurchschnitt (glatte 4) den Numerus Clausus (glatte 2) überlisten, um einen Studienplatz an der Wirtschaftsfakultät zu ergattern?

Das ging verblüffend einfach. Außer dem Notendurchschnitt wurde nämlich auch die bisherige Wartezeit bewertet und in das Punktesystem aufgenommen. Bei den ca. 15 Jahren, die Jerry nach seinem letzten Studienabbruch mit anderen Tätigkeiten verbracht hatte, war die Bewilligung nur eine Frage des Ausfüllens eines Antragsbogens. Fertig.

Abriss des Fadens und Weiterschwelgung in alten Schulerinnerungen.

 

 

genaugenommen sind Schulerinnerungen (Feuerzangenbowleneffekt) ätzend romantisierend. sprich wahrheitswidrig bis hin zur märchenhaften Glorifizierung.

an diesem Punkt, dem Realitätsverlust bzw. der Realitätsgenerierung durch Gehirnpanschereien und Ausschmückungsproliferation, könnte der Autor wieder ansetzen und seinerseits zur Feuerzange greifen.

aber ist nicht sowieso jede sprachliche Artikulation eine Art Realitätserfindung und somit auch diese These in selbstreferentieller Spiegelung ihrer Bedeutung inhärent?

dann könnte man ja von vornherein irgendwelche feuerzangen aus dem hut zaubern

wieso, von nichts anderem war die rede

sage ich ja

ja ich

ich?

 

 

Gesichter eines Lebens

           

 Jerry McTeshy                                      Jerry McTeshy                                     Jerry McTeshy                                     Jerry McTeshy

 

 

 

 

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