Hans Joachim Teschner

 

 

Kompendium des

Wissens

 

Band 1

 

 

 

Einen Eimer heben

Die Ampel

Der mediterrane Stuhl

Die Bahnhofshalle

Der Computer

Die Apotheke

Muskelkater

Den Hund erziehen

Verschwörungstheorien

Der Goldene Schnitt

Der Schrankenwärter

Eine Reise buchen

Einen Eimer heben

In den unterschiedlichsten sozialen Schichten erkennen Individuen die Notwendigkeit, einen Eimer anzuheben und diesen für eine Weile zu tragen. Viele sind sogar bereit, einen mit schwerem Gut gefüllten Eimer von A nach B zu befördern. In jeder Minute heben ca. 2 Millionen Menschen einen Eimer. Das Eimerheben gilt a priori als Gesetz der praktischen Vernunft, und es gibt in den Regionen der Erde, wo Eimer zur Verfügung gestellt werden, keinen Menschen, der sich nicht darin geübt hätte. Einen Eimer heben heißt, sich aus der selbstverschuldeten Untätigkeit zu befreien. Zu bedauern sind jene Kulturen, die die Existenz von Eimern nicht kennen oder verleugnen, und es ist kein Zufall, daß dort Aberglaube und finsteres Mittelalter fröhliche Urständ feiern.

 

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Die Ampel

Um das Wesen einer Ampel zu begreifen, muß man ihre Wirkung auf die Verkehrsteilnehmer untersuchen. Zeigt die Ampel die Farbe Grün, fühlen sich die Teilnehmer bemüßigt, die Kreuzung unverzüglich hinter sich zu lassen. Bei Gelb ergibt sich eine ähnliche, wenn auch verminderte Bereitschaft zu Aktionismus und Bewegungsdrang. Nur beim Vorzeigen von Rot scheint der Tatendurst zu stocken, und im Widerstreit der Gefühle rekurrieren vornehmlich Automobilisten auf alternative Möglichkeiten ihrer Verkehrsmittel, allerdings nur für eine kurze Zeitdauer. Alles in allem scheint das Wesen der Ampel darin zu bestehen, die vor der Kreuzung auftauchenden Verkehrsteilnehmer zum Überqueren zu ermutigen, wenn auch mit wechselndem Erfolg. Die These, daß ein gleichzeitiges Aufleuchten aller Farben zu einem ausgeglicheneren Verkehrsfluß führen müsse, liegt deshalb nahe, konnte aber mangels hinreichender Versuche nicht belegt werden.

 

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Der mediterrane Stuhl

Vor unerfreulichen Begleiterscheinungen ist auch der Stuhlgang des Bewohners der Mittelmeerküste nicht gefeit. Zu schweigen sei hier von den üblichen Geruchsbelästigungen. Wegen der übermäßigen Einnahme von Knoblauch und Olivenöl im dortigen Raum läßt sich allerdings eine ganz eigene aromatische Färbung des mediterranen Stuhls nicht aus der Welt diskutieren. Es ist diese typische Dünstung, die den nordischen Menschen und Reiselustigen veranlaßt, sich in Urlaubsstimmung bzw. an mittelmeerischen Gestaden zu wähnen. Ein Hochgefühl, das bezeichnenderweise am heimatlichen Flughafen wieder einer Ernüchterung folgt. Nicht zu Unrecht gilt deshalb in der Tourismusbranche der mediterrane Stuhl als Indikator für Wohlbefinden, Verzückung und Konsumlust, ja, als unwiderstehliches Motiv, Jahr für Jahr das Odeur des Südens anzusteuern.

 

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Die Bahnhofshalle

 Die Bahnhofshalle entfaltet sich dem Dahineingetretenen als Kaleidoskop fremder Gerüche und schöngeistiger Dialoge. Hie sticht ein Werbeplakat in das Auge, dort weilt der Müßigblick auf den frisch abgelegten dampfenden Hundekot. Am Blumenkiosk wird ein älteres Fräulein abgefertigt, während sich gleichzeitig ein Stricher ihrer Handtasche bemächtigt, um seine Vermögenslage bezüglich eines intendierten Erwerbs von Heroin aufzubessern. In der Bahnhofsuhr nistet ein kaugummiähnliches Gebilde, und die Sprechmembran am Fahrkartenschalter dient der Erzeugung von Zugluft. Alle Dahineilenden, welche Koffer schieben oder tragen, eilen zu einem Tunnel, der Bahnhofstunnel geheißen wird, wohl weil er den Bahnhof untertunnelt. Aber es kommen auch Dahereilende mit Koffern aus dem Tunnel. Wenn man noch den Papierkorb hinzufügt, erhält man ein vollständiges Bild von Betriebsamkeit.

 

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Der Computer

Die meisten Haushalte besitzen einen Computer. Wer keinen Computer hat, kennt genügend Leute, die einen oder sogar mehrere Computer besitzen. Es gibt so gut wie niemanden, der nicht weiß, was ein Computer ist. Kurz nach dem 2. Weltkrieg war das noch anders. Heute geht ohne den Computer nichts mehr, so sagen viele. Bei alledem ist es überflüssig, den Computer zu erklären. Viel mehr Sinn würde es machen, das Schnarchen weltweit unter Todesstrafe zu stellen. Aber darauf kann man lange warten.

 

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Die Apotheke

In der Apotheke können wir einen Gutschein einlösen, der auch Rezept geheißen wird. Für den Gutschein erhalten wir Pillen, Pastillen oder Präparillen. Letztere werden zu Unrecht unter dem Begriff Präparate geführt, und es ist nicht das einzige Missvergnügen, das uns gutmeinende Kunden der Apotheke verzweifeln lassen möchte, ja schier in den Wahnsinn zu treiben imstande ist. Verlangen wir zum Beispiel ein Präparill, welches mit dem Buchstaben V anfängt – sagen wir mal Vivimill – dann erklärt uns der Apotheker lang und breit, wie miserabel es doch seinem Berufsstande seit Einführung desselben ergangen ist und dass die Ausgabe eines Präparills mit dem Anfangsbuchstaben V den sicheren Konkurs seines fast schon völlig zum Erliegen gebrachten Apothekenbetriebes unausweichlich nach sich ziehen würde – ob wir das wirklich verantworten könnten?

Beschämt ziehen wir von dannen, mit einer Tube Plastifill in der Einkaufstüte und um eine Belehrung reicher.

 

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Muskelkater

Ein zusammengesetztes Wort, dessen Bedeutung sich dem Fragenden nicht selbsterklärend erschließt. Man vergleiche den Ausdruck mit einem ähnlich gelagerten Fall, dem Wort Kindertagesstätte. Es nützt niemanden. Auch nicht, wenn man die beiden Begriffe in ihre Einzelteile erlegt, also hie Muskel und Kater, dort Kinder und tages und stätte. Keinen Schritt weiter sind wir gekommen! Eher scheinen wir uns der Lösung zu nähern, wenn wir die Einzelteile mischen: Katertagesmuskel oder Muskelkinderkater oder auch Kindermuskelstätte. Doch halt, es war die falsche Fährte, denn daraus wird selbst der Gutwilligste nicht klug.

Vielleicht blinzelt ein Lichtschimmer in den Tunnel der Unwissenheit, wenn wir ein mathematisches Kürzungsverfahren anwenden. Aus Kindertagesstätte wird dann Kitastä, aus Muskelkater Muka. Auf beiden Seiten der Gleichung wird nun das Glied „stä“ subtrahiert und siehe da, wir erhalten die Begriffe Kita und Muka, welche uns noch lange zu denken geben.

Manchmal führt halt ein Umweg zum Ziel.

 

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Den Hund erziehen

Es genügt nicht, dem Hund eine – wenn auch sprachliche korrekte – Mitteilung zukommen zu lassen verbunden mit der Aufforderung, sich an einen genau bezeichneten Ort zu begeben und dort eine wartende, wiewohl aufmerksame Sitzhaltung einzunehmen. Bevor nämlich die Problematik erörtert werden muss, ob der Hund überhaupt eine solche in komplexen Beschreibungen dargelegte Anleitung zur Verfahrensweise der praktischen Umsetzung der Navigation zu verstehen in der Lage ist, stellen sich ihm, dem Hund, doch akut Fragen, die seinem Hundedasein existentiell viel näher stehen. Leider lassen sich die Fragen menschlicherseits nicht beantworten, da sie mangels ausreichender Verbalisierungsfertigkeiten des Hundes auf unabsehbare Zeit in einer Situation des Ungewissen, des Spekulativen schweben. Und es ist dem Menschen schlichtweg nicht gegeben, eine wie auch immer artikulierte Hundesprache „an sich“ (I. Kant) zu verstehen, noch weniger die Idee der An-Sich-Heit (radikaler Platonismus) transzendental zu durchdringen. Insofern emergieren an den Berührungspunkten der großen Philosophien aufleuchtende Signale, die darauf hinweisen, was wir die ganze Zeit fürchteten: Den Hund erziehen, das geht nicht.

 

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Verschwörungstheorien

- J. F. Kennedy wurde von kommunistischen

  Sanitätern aufgehängt.

- Die Mafia ist schuld

- In Bochum treffen sich regelmäßig Italiener.

- Hinter dem Überfall auf die Kreissparkasse

  steckt mehr.

- Russische Milliardäre (!!!)

- In Belgien wird die Wahrheit verschwiegen.

- Michael Jackson war Neger.

- Der Dalai Lama ist verdächtig oft im Ausland.

- Heino ist gar nicht blind.

- Der Tsunami sollte eigentlich die Schweiz treffen

 

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Der Goldene Schnitt

Der Goldene Schnitt führt uns in des Teufels Küche. Mit Hilfe einer komplizierten mathematischen Formel soll herausgefunden werden, welche Teilstrecke sich zu einer anderen Teilstrecke ebenso verhält, wie die andere Teilstrecke zur Ganzstrecke, d. h. dieses eine Verhältnis wird zum anderen Verhältnis ins Verhältnis gesetzt, wobei das Zweitverhältnis, man kann es auch als Sekundärverhältnis bezeichnen, sich zum Erstverhältnis (= Primärverhältnis) verhält wie reziprok das Primärverhältnis zum Gesamtverhältnis dividiert durch das Teilverhältnis des Sekundärverhältnisses.

Daraus wird kein Schwein klug.

Zur Anwendung soll das Rechenergebnis, d. i. der Goldene Schnitt, in der Kunst kommen, und tatsächlich haben sich Legionen von Malern und Photographen mit dem vertrackten Verfahren das Gehirn doof und dusselig gerechnet. Herausgekommen sind Landschaftsbilder, bei denen der Horizont entweder zu hoch angesetzt ist, oder zu tief oder unsichtbar hinter Bäumen sowie entgleiste Darstellungen (Picasso), die das Auge des Betrachters betrüben.

Ergiebiger ist die Beschäftigung mit dem Goldenen Schuss. Hier wird nicht dividiert und interpoliert, das Ergebnis glänzt durch Klarheit und pralle Anschaulichkeit, und wir können das Kapitel mit Fug und Freude als erledigt abschließen.

 

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Der Schrankenwärter

Die Wartung der Schranken übernimmt nicht etwa der Schrankenwärter, wiewohl seine Berufsbezeichnung die Anhaftung dieser Tätigkeit suggeriert. Nun wollen wir hier nicht erörtern, wer denn mit der Wartung der Schranken betraut ist, wie sie im Einzelnen ausgestaltet ist, ob für den wahren Wärter Kenntnisse der Elektrik und des Metallwesens vorausgesetzt werden und/oder Erfahrungen mit Kinetik und physikalischen Messverfahren, vielleicht sogar ein abgebrochenes Studium der Ingenieurswissenschaften.

Nein, wir dürfen uns nicht ablenken lassen!

Konzentrieren wir uns auf den Hauptgegenstand unserer Überlegungen, auf den Schrankenwärter an sich. Sonst laufen wir Gefahr, uns zu verzetteln, so wie bei der Betrachtung eines Vexierbildes. Das eine Mal glauben wir eine leere Schachtel zu erkennen, dann wieder eine dünnflüssige Linie, die sich vor unseren Augen in einen Teddybären verwandelt, der durch Ödnis, Steppe und Tundra reitet, heisere Schreie ausstoßend, das Lasso peitschend über eine Herde von Ren- und anderen undomestizierten Tieren schwingend – da macht es keinen Sinn „Halt Verderbter!“ zu rufen oder „Hilfe, das Strohdach brennt“. Jetzt können wir nur mehr hoffen, dass der Teddybär arterienverkalkt aus den Steigbügeln kippt, obwohl wir nicht garantieren können, ob das sich ketzerisch aufbäumende Reitkamel nicht seinerseits furiengleich die scharfzackigen Hauer in den nächstbesten Nacken eines Kirgisenweibchens schlägt, eine Version, die uns schaudern lässt ob ihrer fegefeurigen Vehemenz in der Schlangengrube der rohen ungezügelten Gewalt.

Solches kann über uns hereinbrechen, wenn wir frevlerisch vom eigentlichen Objekt unserer Betrachtung abweichen: dem Schrankenwärter.

 

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Eine Reise buchen

Wer eine Reise buchen will sollte nicht einem naheliegenden Irrtum aufsitzen und in die nächstgelegene Reisebuchhandlung eilen, um dort die Bestellung aufzugeben. Man weiß inzwischen aus Erfahrung, wie viel Mühe es kostet, in einer Reisebuchhandlung eine Urlaubsfahrt zu erstehen. Sicher, dem Hörensagen nach soll in jeder Reisebuchhandlung eine mehr oder minder verschwiegene Ecke mit einem Tresen eingerichtet sein, auf dem der reisewillige Kunde Faltblätter, Formulare und Farbabzüge vorfindet, die ihm suggerieren, hier könne er seine schon jahrelang ins Auge gefasste Urlaubsreise in das konkrete Stadium einleiten, indem er z. B. auf einen Vierfarbendruck mit Ansicht eines Palmenstrandes tippt und munter aufbegehrt: „Dorthin möchte ich reisen. Ich bitte um die umgehende Abwicklung meines Urlaubsvorhaben.“

Eine etwas vorwitzige Forderung, denn es deutet wenig darauf hin, dass in dieser obskuren Ecke überhaupt etwas verkauft wird. Vielleicht hat man sich ja in das Pausenkabuff der Angestellten verlaufen.

Um also eine Reise zu buchen bedarf es zuvor gewissenhafter Ermittlungen über Ort und Zweck der verschwiegenen Ecke, welche in der Reisebuchhandlung vermutet wird.

 

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Tapezieren

Die Idee zur Fertigung und zum Vertrieb eines Tapeziertisches kann man nur als kurios bezeichnen. Die Plausibilität dieses Vorhabens steht auf wackeligen Beinen, denn

1. gab es schon längst einen Tisch

2. gibt es zusätzliche Tische an entfernten Orten

3. ist der Besitz eines Tisches für niemanden von existenzieller Bedeutung.

Schon gar nicht der Tapeziertisch. Hier dürfte der fette Fabrikant von Tapeziertischen sein fulminantes wiewohl ephemeres Veto in den Ring werfen und Behauptungen aufstellen, die die Wichtigkeit seiner Produkte in das Bewusstsein unseres Gemeinwesens einbrennen sollen. Freilich, glaubt er ernsthaft, der immerdar tapezierende Neubewohner einer Altbauwohnung müsse sich auf Gedeih und Verderb dem kapitalen Fabrikantenbock ausliefern, nur weil das von ihm vaterlandslos zusammengehauene Möbel die euphemistische Unterstellung Tapezier vorgestopft kriegt? Oder nehmen wir den an nichts Böses denkenden jungfräulichen Flaneur: Will der Tapeziertischbaron diesem die kostbare Zeit des Gockelns und Posierens stibitzen mit der Fadenscheinheiligkeit, seiner wäre eines Tapeziertisches würdig und heilsam, ja nachgerade unabdingbar, er müsse nur forsch eine Raufaserrolle über die Bodenbohlen auswerfen, dann wüsste er, was die Stunde um fünf vor zwölf geschlagen hat. Dann würde ihm ein Groschen vor Augen aufblühen, und er würde keinen Deut mehr für Eau de Toilette und Seidentüchlein ausgeben, sondern schnurstracks in das nächstliegende Malergeschäft eilen, um SEINEN Tapeziertisch zu erstehen, endlich den langatmig Vermissten in die Arme nehmen und ins heimische Reich überführen.

Doch hier wurde eine Rechnung ohne das Wirtstier aufgeblättert. Kein dickwanstiger Fabrikant unterwirft sich einem Seidentüchleinflaneur, der mal eben angetänzelt kommt und aufgeblasen den Tisch einfordert, womöglich das letzte gute Stück. Und auch der rechtschaffene Malermeister rammt sich nun breitbeinig vor die Ladentür und schiebt dem leichtfüßig Konvertierten einen probaten Riegel vor:

 „Tapeziertische, mein wohlriechender Herr, sind ausverkauft!“

 

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Die unvollendete Gefahr

Hat jeder schon einmal am eigenen Leib erfahren: Der eine strauchelt mit unmißverständlichen Gesten der Überraschung, der andere rammt sich ein Messer in den Bauch, der nächste grüßt seinen Nachbarn usw. usf. Und doch überleben sie alle die bedrohliche Situation. Hier hatte die unvollendete Gefahr einmal mehr ihre Hand im Spiel. Unsichtbar begleitet sie die menschlichen Individuen, und sogar die Tierwelt ist nicht vor ihr gefeit. Wer aber der unvollendeten Gefahr ins Antlitz schaut, hat der Ewigkeit für einen Moment den Spiegel des Schnippchens vorgehalten.

Lediglich am Ende seines Lebens macht der Mensch Bekanntschaft mit der vollendeten Gefahr, deren unverkennbares Merkmal darin besteht, daß sie nur ein einziges Mal in Erscheinung tritt. Dies gibt uns Trost und läßt uns hoffen, daß wir noch vielen unvollendeten Gefahren den Bruderkuß erteilen.

 

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Der Telefon-Anrufbeantworter

 Beantwortet nicht etwa, wie der Name glauben macht, das Telefon. Umgekehrt antwortet das Telefon auch nicht dem Beantworter des Anrufs. Der Anruf selbst nämlich antwortet dem Telefon in seiner Eigenschaft als Telefonanruf mittels einer Vorrichtung, die dem Anruf eine Antwort hintanschickt, welche wiederum via Telefonleitung auf den sogenannten Antworter hinweist. Der Antworter des Telefons vermag dabei allerdings nicht dem Anrufer telefonisch Auskunft zu erteilen, sondern verweist auf die Möglichkeit, einen Anruf zu hinterworten, der eine Antkunft in Aussicht stellt. Hat der Antworter den Teleruf beanruft, telefont das Anberuft den Fonbeleg und pfeift einen Tonberuf, hinter dem der Antelefoner eine Nachricht worten lassen kann. Jetzt fonantwortet die nachdemPfeifton gerufte Auskunft das Telewortbesetztzeichen, und der Vorgang beginnt von vorne.

 

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Zu kurze Sätze

 Worin das Geheimnis besteht, gute Laune zu

Mitnichten reduziert sich der

und fiel unter die Plan

"Aktiv, aktiv, aktiv!" schrie Herr Mittelbart gegen

Außerdem noch

Döner vom Türken um

Ein Knopfdruck, und die

Auf die Pelle

Wißt ihr

Plus

 

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Das Buch der sieben Weisen

 1. Weise:        Das Höckerpferd, das Höckerpferd,

                        das höckert und entleert.

2. Weise:         Weiland rechts, weiland links,

                        in der Mitte stinks.

3. Weise:         entfällt (in A-Dur)

4. Weise:         Montag: Luise anrufen wg. Kugelblitz (reimt sich nicht)

5. Weise:         wie Weise 3, nur lauter.

6. Weise:         Die Art, wie man Versfüße beschneidet.

7. Weise:         Das Buch der sieben Weisen

                        liegt schwer im Bauch wie Eisen (reimt sich).

 

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Alltägliche Erkrankungen und ihre Heilung

 Die Zahnlücke...entfernt man mit einem großen Sieb und einer Pinzette.

Nur bei Vollmond!

Das Nasenhaar...entfernt man mit einem Staubsauger der Windstärke 11.

Der enge Ehering...läßt sich nicht entfernen.

Das gerötete Auge...entfernt sich von alleine, sofern man es nicht daran hindert.

Die Blähung...entfernt die Anwesenheit guter Freunde.

 

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Das Fenster öffnen I

Viele Naturvölker gebärden sich angesichts dieser Tätigkeit wie der Ochs vorm Scheunentor. Im Regenwald soll es sogar dahin und daher wandernde Menschen geben, die sich keinen Reim darauf machen können, warum sie hin oder her wandern, genauso wenig wie sie imstande wären, ein Fenster zu öffnen, denn das Fensteröffnen setzt die Existenz eines Fensters sowie eines Wesens voraus, das gedanklich das Procedere des Fensteröffnens als durchgerechnetes Modell antizipieren kann, welches nötig ist, um einen operativ erfolgversprechenden Vollzug des Fensteröffnens auszuführen, denn aufgrund seiner genetischen Disposition ist es dem Menschen nicht vorgegeben, das Fensteröffnen quasi aus dem Lamäng, also instinktiv, ohne Strategie oder kalkuliertem Willensakt vorzunehmen.

Die o. g. Voraussetzungen aber – man mag es noch so sehr bedauern – fehlen dem Wanderindio des Regenwaldes.

 

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Das Fenster öffnen II

In der düsteren Epoche der Fensterlosigkeit hausten die Menschen im Geviert ohne Hoffnung auf Licht, Schein oder Schimmer. Erst die Erfindung des Fensters brachte einen gewissen Vorteil, denn nun durchbrach ein erhellendes Loch den Lehm und das Reisig und verzauberte mit seinem Glanz die verschwiegenen Geheimnisse der Dunkelheit: In den Ecken der Hütte hatten es sich fremde Gestalten wohnlich eingerichtet, manche trugen noch die Kleidung der Eisenzeit, manche trieben Unzucht mit vierbeinigen Wesen, manche hatten das Zeitliche gesegnet. Das hätte man klaglos hingenommen, aber dann schlugen auch noch die Versuche fehl, das gezähmte Wisent durch die neuartige Öffnung in die Hütte zu treiben. Der Vorschlag, eine Tür in die Hüttenwand zu bauen wurde vehement abgelehnt, denn das Wort Tür klang beängstigend und hatte ein ü in der Mitte. Schließlich wurde erwogen, zum Zwecke des Vieheinholens den Fensterrahmen herauszunehmen, um den nötigen Platz zu schaffen. Die Kunst des Fensteröffnens war geboren! Natürlich war es mühselig, erst den Rahmen passgenau in das Loch zu fügen, dann wieder herauszuschlagen, das Vieh durchzuquetschen und danach wieder einen neuen Rahmen zu schnitzen und einzupassen. Aber die Historie lässt sich nachträglich nicht korrigieren.

 

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Bingo spielen

Bingo spielen gilt als eines der größten Rätsel der Menschheit, größer noch als die Pyramiden von Gizeh. Wer einmal die Cheopspyramide erklommen hat, kann ermessen, mit welcher Schwierigkeit das Bingospiel verbunden, ja metaphysisch aufgeladen ist. Ersatzweise kann man auch den Großen Brocken erklimmen oder – aber da hört der Spaß allmählich auf – den Kiekeberg in Hamburg; ersatzweise auch andere Kiekeberge, die für den Wanderer ausgewiesen sind zum Zwecke des Erklimmens.

Worin aber besteht das Geheimnis des Bingos? Wie kommt es zu der verstörenden Spielsituation? Weshalb werden Zahlen gerufen? Können mehrere Bingen gegeneinander spielen?  

Generationen von Analysten haben ihren Lebensabend gegen bare Münze getauscht, um Struktur und Regelwerk des Bingospiels zu erforschen – und sind darüber verzweifelt! Andere sind verschwefelt, verschleimbeutelt, verschüttet, verschwommen und sogar verschlafen. Bingo als Spiel ist eine Nuss, härter zu knacken als der Geheimcode der Tempelritter, nasser als das Mundstück einer Tabakspfeife und schlabbriger als ein Sack voller Froschlaich.

 

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FAQs

Wann fängt der Spielfilm an

Was muss ich tun, wenn

Wo sind meine Socken

Können Sie mir sagen, ob

Welches ist der kürzeste Weg

Wie spät ist es

Ist es der rote oder der grüne Draht

Warum sind

Wie kann ich in sechs Wochen 20 Kilogramm

Haben wir schon

Wohin führt dieser

Kann ich damit rechnen, dass

Warum blinkt es, wenn ich

 

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Den Hobel führen

Ja, das ist tatsächlich eine Kunst. Wer sie beherrscht, darf sich mit Fug einen Meister nennen. Vier Wanderjahre sind vonnöten, um den Hobelschub einigermaßen ins Lot zu bringen. Es folgen schweißtreibende Studien an den Leuchttürmen unseres Landes, sprich an den Universitäten mit furztrockenen Seminaren und gleisnerischen Diskursen über theoretisch Abseitiges, z. B. über die insinuitive Hermeneutik am Beispiel von Postmoderne und Kapitalfreudianismus. Manch ein Profess, mach ein Doze hat hierüber schon sein Gedankenschwert gekreuzt, hat gestikuliert und profunde Thesen eulenhaft von A über B nach C transferiert, wobei der eigentliche Forschungsauftrag auf der Strecke zu bleiben drohte. Diese Akademiker! Doch nichts ist all dies im Vergleich zum Hobelschliff in seiner feinsten Feinheit und seiner eleganten formidablen Hauchdünnigkeit. Hier versagen alle Metaphern, hier bricht das Wasser ins Eis.

Den Hobel führen heißt, das Unsagbare sinnlich ins Materielle zu wenden. 

 

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Der Stolz des DJs

Ein DJ hat auch seinen Stolz. Wenn zum Beispiel ein älterer Herr aus dem Publikum zu ihm tritt und das Horst-Wessel-Lied wünscht, dann lehnt der DJ diesen Wunsch ab. Denn seine Ehre wird mit Füßen beschmutzt. Hinzu kommt, dass er nicht weiß, was ein Horst-Wessel-Lied ist, und weder in seiner CD-Sammlung noch auf seinem Laptop mit den MP3-Titeln kann er es entdecken. Ähnlich verhält es sich auf einer Geburtstagsfeier, bei der die trendresistente Gastgeberin verlangt, er möge doch das Heidi-Lied auflegen. Da lässt der DJ seinen Stolz triumphieren, und er scratcht erstmal wir verrückt auf der schon ziemlich zerscratchten Tekno-LP. Der DJ ist schließlich kein Hampelmann oder Lustigkeitsdackel, der für Lau über sein Gewissen springt.

Wer vermeiden will, dass der DJ die Lautsprecher vor Wut zertrümmert und mit einer abgesägten Schrotflinte auf die Besucher feuert, darf auf keinen Fall mit folgenden Musikwünschen an ihn herantreten:

Der Ring der Nibelungen (R. Wagner)

Mama (Heintje)

Kinder-Totenlieder (G. Mahler)

Hoch auf dem gelben Wagen (mit Exbundespräsident W. Scheel)

 

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Tapezieren

Die unvollendete Gefahr

Der Telefon-Anrufbeantworter

Zu kurze Sätze

Das Buch der sieben Weisen

Alltägliche Erkrankungen und ihre Heilung

Das Fenster öffnen I

Das Fenster öffnen II

Bingo spielen

FAQs

Den Hobel führen

Der Stolz des DJs

 

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